Brigitte Hutt - IT-Beraterin und Autorin

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Vielleicht ein Neujahrsvorsatz: Du wollst dir kein Bildnis machen

Über diese Forderung aus der Bibel haben sich schon bedeutendere Autoren als ich kluge Gedanken gemacht. Ich stelle jedoch fest, dass man darauf immer wieder zurückkommen kann, zurückkommen sollte, um sich und allen anderen gerecht zu werden. Hier mein Versuch einer Interpretation, nicht nur für religiöse Menschen. Taugt vielleicht als Vorsatz fürs neue Jahr?


In ihrem ursprünglichen Kontext (Exodus 20,4) bezieht sich die Forderung auf Bilder, die wir uns von Gott nicht machen sollen. Aber geht es um Darstellungsverbot? "Sich ein Bild machen" heißt, das Gegenüber in ein - mentales - Bild eigener Wahl zu pressen, es an ein Bild anzupassen. Das kann aufwertend ebenso wie abwertend sein. Und das betrifft unser Bild von einem Gott, wenn wir an ihn glauben, ebenso wie das von unseren Mitmenschen.

Nun gibt es die Aussage "Gott ist anders" - also stets anders, als wir uns auch mit äußerster Anstrengung vorstellen können. Diese Überlegung verbietet genau genommen ohnehin, sich ein Bild zu machen, denn es wäre in jedem Fall - falsch. Der Mensch wiederum ist Gottes Ebenbild, so sagt es unsere Tradition, nicht nur die christliche. (Für die a-religiösen: Unseren Gott haben wir geformt nach unserem Bild.) Also ist auch der Mensch im Wesentlichen "anders", anders, als wir uns auch mit äußerster Anstrengung vorstellen können. Folglich sollten wir jedem Menschen gegenüber offen sein, denn jedwedes Bild, das wir uns von ihm machen könnten, ist - falsch. Eine Lebensaufgabe, daran immer wieder zu denken, im Guten wie im Bösen! Eine Lebensaufgabe, das zumindest zu versuchen.

Uns und unseren mangelnden Fähigkeiten zum Trost ein weiteres (gern missverstandenes) Bibelzitat: Wer es fassen kann, fasse es (Mt 19,12). Das heißt bei weitem nicht, dass wir ohnehin zu klein oder zu dumm sind, um die großen Aussagen verstehen zu können. Vielmehr ist es ebenfalls eine Aussage über die Größe, die Unendlichkeit und Unüberschaubarkeit der Dinge an sich, auch über unsere Begrenztheit, eine Aussage, die uns nahelegt, uns zu bescheiden mit dem, womit wir umgehen können. Nicht aber eine Aussage, alles andere als nicht existent anzusehen: Was immer wir "fassen" können: Es gibt mehr. Mehr, als wir uns auch mit äußerster Anstrengung vorstellen können. Leben wir also mit dem, was wir fassen können, leben wir mit unsren Grenzen und zugleich mit dem Respekt vor dem anderen, dem "Mehr".

Prüfet alles, behaltet das Gute. (1 Thess 5,21)



© Brigitte Hutt Januar 2018

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